Für mich gehört noch mehr (zu mir als Hexe) dazu:
Frauen, die sich für Naturheilkunde interessieren, vor allem
für Frauenheilkunde im Einklang mit der Natur, weg von den
Ansichten, eine Schwangere sei krank und müsse auch so behandelt
werden. Hebammen zum Beispiel oder auch Gynäkologinnen (und
Gynäkologen), die sich nicht länger von einer patriarchalen
Medizin bevormunden lassen wollten, die uns Frauen auf unnatürliche
Gebärbetten fesselte und in anonyme Kreissäle zwang. Frauen,
die vermehrt mit Kräutern arbeiten und mit den Ressourcen,
die uns die Natur zur Verfügung stellt. Es gilt das geheime
Wissen unserer Vorfahrinnen wiederzuentdecken, das die katholische
Kirche uns zu Beginn der Neuzeit genommen hatte.
Die neuen Hexen als Nachfahrinnen der weisen Frauen!
Für mich bedeuten die weisen Frauen und Hexen
aber noch etwas anderes. Es gibt dabei für mich einen sehr
feministischen und einen religiösen Aspekt. Mir geht es dabei
um mein weibliches Erbe, um weibliche Spiritualität, auch darum,
dass Heilen und Kräuterkunde von jeher weibliche Domänen
waren, die uns erfolgreich genommen wurden.
Vielleicht aus Angst vor der Macht, die man hat, wenn man heilen
kann?
Die Kräuterfrauen im Mittelalter hatten auf einem Gebiet uneingeschränkte
Freiheit: die Kontrolle über ihren Körper! Sie konnten
verhüten, eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen, unfruchtbare
Frauen fruchtbar machen, Geburtsschmerzen lindern, eine ausbleibende
Menstruation einleiten, den Geburtstermin beeinflussen und mit Liebestränken
neue Leidenschaft entfachen, oder auch auslöschen. Diese uneingeschränkte
Macht über unseren Körper müssen wir zurückerobern!
Noch heute versucht die Kirche uns vorzuschreiben, was sich schickt
und was nicht, was Frauen dürfen und was nicht. Gerade wurde
einem 13jährigen Mädchen, dass nach einer Vergewaltigung
schwanger wurde, eine Abtreibung untersagt - vom Papst! Was hat
der eigentlich damit zu tun? Weiß er wie frau sich fühlt
nach so einem Verbrechen, was sie durchmacht, wie sie für ihr
Leben gezeichnet ist? Wieso wollen eigentlich immer Männer
uns vorschreiben, was wir mit unserem Körper machen dürfen?
(Eine Freundin von mir wurde vergewaltigt, sie nimmt noch heute,
Jahre danach, Schmerzmittel, ist innerlich nur noch Narbengeflecht.
Als sie Anzeige erstatten wollte, bekam sie vom Polizisten zu hören,
dass das kein Wunder wäre bei ihrem Aufzug, sie quasi selber
schuld wäre und verschwinden solle! Es sind immer Männer,
die uns einreden, wir seien selber schuld an dem was uns zustößt,
uns nicht ernstnehmen oder uns erzählen, wie wir uns zu fühlen
haben, besonders wenn es um etwas geht, wie Schwangerschaft, Geburt,
Menstruation, Sex, Abtreibung,...)
Ich kann eine Religion sowieso nicht verstehen, in der ein Gott
alleine herrscht - ohne eine Mutter zu haben- der aus sich heraus
entstanden ist. Ist das nicht ein Ableugnen der Mutterschaft, der
weibliche Urenergie? Wollen die patriarchalen Religionen sich einreden,
es gibt ein höheres Wesen, das unabhängig von einer Frau
existieren kann?
Trifft eine Religion der Göttin (egal welche), die ihren Gefährten
gebiert, heiratet und tötet, um ihn wieder auf die Welt zu
bringen, die ureigene Angst der Männer, vor der Macht einer
Frau, weil sie gebären kann?
Es ist doch mehr als eine himmelschreiende Verachtung der Göttin,
dass sie zur Jungfrau Maria gemacht wurde. Jungfräulichkeit
als höchste Tugend! Meine Göttin ist in jedem Aspekt ihres
Seins heilig: als Jungfrau, als Mutter und als Alte.
Frauen müssen erst wieder lernen, die Göttin in sich
zu wecken, ihre weibliche Kraft zu finden und ihre weiblichen Stärken.
Die keltische Kriegerin kämpft(e) für ihre Unabhängigkeit,
ihre Freiheit und für ihr Recht auf Selbstbestimmung. Es ist
schön, wenn wir Unterstützung von unseren Brüdern
bekommen, die ebenfalls die Frau als gleichwertiges Geschöpf
sehen und die Göttin in ihr spüren (und den Gehörnten
in sich). Doch denke ich auch, dass Frauen sich zusammenschließen
sollten, um von einander zu lernen, was es heißt Frau zu sein.
Und vor allem um zu lernen, was es heißt unter Frauen zu sein
- ohne Konkurrenz! Wie viele Frauen können mit anderen Frauen
gar nicht umgehen, weil sie nie etwas anderes als Konkurrenzkampf,
Neid und Intrigen kennen gelernt haben?
Für mich ist es ein wunderbares Gefühl mit meinen Schwestern
zusammen zu sein, als Schwestern und Töchter der Göttin.
Für viele ist ein dianischer Coven nicht die richtige Lösung,
für mich ist er es schon. Ich möchte gerne mit Brüdern
zusammenarbeiten, doch ich will vor allem Frauen einen Ort geben,
wo sie Frausein lernen und erfahren können, Schwesterlichkeit
und weibliche Spiritualität erfahren.
Interessanter Weise macht nichts den meisten Männern solche
Angst, wie Frauen, die nur unter sich etwas Spirituelles machen.
Wovor haben sie Angst? Dass Frauen entdecken könnten, sie sind
mehr wert, als ihnen in der Gesellschaft zugestanden wird (ich denke
hier nur an die Verdienstschere)? Oder dass sie ein Selbstbewusstsein
entwickeln könnten und sich nicht mehr alles gefallen lassen
würden? Vielleicht sogar ein Recht auf Selbstbestimmung beanspruchen
würden? Den meisten Männern gefällt es so wie es
ist, sie wollen nichts ändern an den Geschlechterrollen, Männer
erwarten Schulterklopfen und Standing Ovations, wenn sie auch mal
im Haushalt mit anpacken oder bei der Kinderpflege helfen.
Und wenn die eigene Frau nun eine Göttin verehrt, und nicht
den patriarchalen Gott, der den Frauen so schön ihren Platz
in der Religion und in der Gesellschaft zugewiesen hat? Das hat
schon etwas Bedrohliches!
Ich freue mich, wenn die erste Freundin zu mir kommt und ihren
Sohn im Namen der Göttin von mir „taufen“ lässt.
(Bis jetzt waren es nur Töchter, die meine Hexenschwestern
zur Welt brachten und die ich begrüßen und segnen durfte).
Ich weiß, es gibt Ausnahmen in der Männerwelt und es
werden mehr, ich selber bin mit so einer „Ausnahme“
verheiratet. Aber wir sollten nicht vergessen, wie viele unserer
Schwestern in unserer Welt unter Männern leiden. Ich will nicht
die Welt verbessern, aber ich will andere auch nicht vergessen,
die weniger Glück haben. Und wenn das nächste Mal eine
Freundin nach einem Übergriff, egal welcher Art, und sei er
noch so gering- gering ist ein Übergriff nie, aber er wird
von Männern oft so dargestellt, wenn es sich lediglich um verbale
Attacken handelt- dann will ich sie in den Armen der Göttin
und in meinem Frauencoven auffangen können.
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