"Hmmmmmh..." hörte man es aus der Richtung der obersten
Wolke brummen,"Oj!" dachte er, "Der Alte wird
doch nicht schon wieder nachdenklich werden, fast jedes Mal noch
kam Er hernach auf die abwegigsten Ideen. Dass Er wegen der paar
Nutten extra diese zwei niedlichen Städtchen am Toten Meer
niederreißen hat lassen, war ja schon... aber na gut, das
tut Ihm eh bis heute leid, dass Er sich damals so hinreißen
hat lassen, aber da war Er auch noch jünger und ungestümer
als heute."
Da sah er Ihn auch schon herabsteigen von Seinem Wolkenthron: "Petrus..." sagte
Er langsam und gedehnt, sodass sich schon erahnen ließ, dass
Ihn etwas beschäftigte.
"Ja, Herr?" antwortete der dienstbeflissen.
"Verstehst du die Menschen? Also ich hab mir da immer schon
schwer getan damit!"
"Worum geht es, Herr?" fragte Petrus, anteilsam wie er
immer war und versuchte jetzt schon, sicherheitshalber ein verständnisvolles
Gesicht aufzusetzen.
"Sie wollen eine Göttin!" rief Er fast schon und
strich Sich sichtlich leicht verwirrt durch den langen weißen
Bart, dessen Ende man fast schon seit Äonen nicht mehr wahrnehmen
konnte, so lang war er inzwischen geworden. "Sie hatten doch
eh die ganze Zeit Miriam, die mehr als gut zu ihnen war".
"Nun ja, Herr" startete Petrus mal vorsorglich wie immer
den ersten Versuch, den Chef wieder zu beruhigen, was ihm mit dem,
was er zu sagen hatte, wohl nicht so leicht gelingen würde: "Sie
scheinen aber ihre alte Göttin wiederhaben zu wollen".
"Die wissen ja gar nicht mehr, wie das damals war. Ich wollte
die Trennung ja gar nicht!" brummte der Oberste Aller in seinen
Bart hinein.
"Tja, wenn Ihr damals nicht darauf bestanden hättet,
Euren Seitensprung mit einer Menschenfrau auch noch durch einen
Nachkommen
mit ihr zu bestätigen...", Petrus versuchte ein schelmisches
Grinsen.
"Schweig!" brüllte Er. "Das war eine der besten Ideen,
die Ich jemals hatte. Wo wären wir heute, wenn´s nicht
so gekommen wäre? Und Sie? Davon spricht heute keiner mehr,
was Sie alles getrieben hat, oder warum hätte man, als Wir
noch zusammen waren, mich wohl den 'Gehörnten Gott'
genannt? Darüber denken sie wohl nicht mehr nach, was?"
"Ich denke nicht, dass es darum geht, Herr. Nach zwei Jahrtausenden
Männerherrschaft wollen die Leute offensichtlich wieder mal
etwas anderes. Du weißt ja, sie sind immer unzufrieden, denk
nur daran wie das damals war, als Ihr ihnen das Gelobte Land versprochen
hattet, waren sie damals zufrieden? So sind sie nun mal."
"Jajaa" sprach der Oberste leicht gekränkt: "Und
was passt ihnen diesmal wieder nicht?"
"Nun, ich denke, die Frauen wollen heutzutage wieder ihre
eigene Vertretung hier oben haben." säuselte des Obersten
rechteste Hand vorsichtig. "Und sie nehmen wahrscheinlich
an, dass eine Frau nicht so unnachsichtig sein würde wie Ihr
und ihnen mehr durchgehen lassen würde."
"Na geh bitte!" sprach der Herr. "Ich und unnachsichtig,
pfff... Verdammnis wem Verdammnis gebührt und außerdem
red Ich ihnen inzwischen eh noch kaum was drein, es ist mir inzwischen
zu dumm geworden, die machen ja sowieso fast immer was sie
wollen. Und die Fiesesten unter ihnen behaupten dann auch noch,
dass Ich es so wollen würde, diese Bengel."
"Das ist es ja vielleicht gerade, Herr: Euer ewiges Drohen
und Säbelrasseln früher hat sie zwar gottesfürchtig
gemacht, aber ich denke sie haben nie so wirklich eingesehen, wozu
das alles gut sein sollte. Vielleicht wollen sie zur Abwechslung
wieder mal nur lieb gehabt werden." erwiderte der Obervasall
ungewohnt mutig. Ihm war seit einiger Zeit selbst klar, dass es
so nicht mehr lang weiter gehen konnte.
"Ja aber die Muslime finden doch auch nichts daran auszusetzen!" schüttelte
Er den Kopf und der weiße Bart wogte mit, hin und her.
"Bei denen dürfen aber auch die Frauen nach wie vor den
Mund nur aufmachen, wenn ihre Männer das erlauben." Petrus
wurde immer mutiger.
"Ich weiß, die Menschen machen nur Blödsinn, wenn
man sie machen lässt, und da zweifeln manche noch an Meiner
Nachsichtigkeit, Ich lass ihnen inzwischen doch fast alles durchgehen.
Was also könnte da eine Frau besser machen, frage Ich dich?
Und schließlich hab Ich das ganze Unternehmen damals ja extra
gestartet, damit ihnen Jeshuah endlich klar macht, dass Ich nicht
so ein Ungetüm Bin wie immer wieder behauptet wurde. Und er
hat seine Sache doch auch gut gemacht, besser noch, als Ich erwartet
hätte."
"Ihr dürft nicht vergessen, Herr, egal was geschieht
oder getan wird, automatisch beginnen die Menschen über 'Richtig
oder Falsch' zu philosophieren. Fast scheinen die Zeiten vorbei
zu sein, wo man ihnen das ganz einfach klar machen konnte, sie
wollen einfach ständig, direkt zwanghaft, sich zu allem und
jedem ihre eigene Meinung bilden!"
"Ja und warum wollen sie jetzt Meine Ex unbedingt wieder aus
dem Exil zurück holen?? Sag Mir doch, Petrus, was sie sich
davon versprechen??"
Petrus wurde vorsichtiger im Tonfall: "Ich denke mal, Herr
der himmlischen Scharen, dass sie langsam mitbekommen, dass es
nur einen halbe Sache ist, was sich da seit - oh - schon zweitausend
Jahren abspielt:
Zuerst habt Ihr ihnen mitgeteilt, dass Ihr sie nach Eurem Ebenbild
gemacht habt - na da musste ihnen ja irgendwann auffallen, dass
da was nicht stimmen kann: Denn sie kommen ja nun mal als Männer
und Frauen zur Welt - wie sollte dann den Frauen nicht zwangsweise
auffallen, dass sie wohl nicht so ganz wirklich ebenbildlich zu
Euch sind..., ääh..." Petrus flüsterte jetzt
fast nur noch und hatte sicherheitshalber schon mal demütig
den Kopf gesenkt. Er wusste, auch wenn Der Alte schon viel geduldiger
geworden war, wenn Er doch wieder mal aufbrauste, erzitterte noch
immer das halbe Universum.
"Na wissen die eigentlich, worauf sie sich da einlassen?" und
schon war´s so weit - die Zornesröte stieg dem Allvater
langsam ins Gesicht, "Wissen die, wie Sie sein kann? Da ist
nix mit Wonne-Waschtrog, ich kann ein Lied davon singen. Du kannst
dich natürlich nicht mehr erinnern, du kamst ja erst als Busenfreund
meines Sohnes zu diesem Amt - ich hab ja damals fast die gesamte
Verwaltung austauschen müssen, weil viele mit Ihr erbost das
Himmelreich verlassen hatten - aber glaube Mir, wenn da mal was
nicht nach Ihrem Kopf ging, na Ich sag´s dir!
Glauben die wirklich, eine Göttin wie Sie würde immer
nur 'Ei ei, wie lieb!' säuseln, Ich sag dir, dann kennen sie
Sie nicht wirklich, wenn Die mal Ihren Kessel auspackt, auweia
sag Ich dir! Da ist Miriam wirklich bei weitem pflegeleichter!"
"Ja aber..." versuchte es Petrus weiter, obwohl ihm hastig
der Gedanke einschoss, dass ein 'Ja aber' dem Höchsten gegenüber
nie gut ankam, "irgendwann werdet Ihr mit dem uralten Kalauer
abrechnen müssen, dass allein Ihr die Welt erschaffen habt,
schließlich war Sie daran ja nicht gerade unbeteiligt gewesen
und das werdet Ihr ja irgendwann wieder richtig stellen müssen."
"Aah, daher weht der Wind!" sprach Der Herr - und Petrus
wusste Seinen Gesichtsausdruck in dem Moment so gar nicht zu deuten,
die Rötung Seiner Wangen nahm jedenfalls stetig zu. "Ja
Meinetwegen sollte das ja kein Problem sein, die Menschen haben
ja noch meistens nur Bahnhof verstanden, wenn Ich ihnen etwas mitgeteilt
habe.
Aber der Hase liegt ja ganz wo anders im Pfeffer begraben: Es ist
ja beileibe nicht so, dass alle das alte Gleichgewicht wieder herstellen
wollen, da gibt´s ja haufenweise so Ungetüme weiblichen
Geschlechts, die wollen ja mich rausschmeißen!"
"Wie meinen, Herr...??"
"Na die tönen da, es gäb ja nur eine Göttin
- und sonst gar nix. Na soll ich Mich jetzt in Luft auflösen?
Oder vielleicht umoperieren lassen, hä?" Erste zarte
Purpurtöne überzogen
Seine Wangen.
"Na ich denke, diese Sorgen sind weitgehend unbegründet,
Herr. Ich denke mal, da handelt es sich vornehmlich um Frauen,
die selbst
lieber Männer wären und gleichzeitig gern so tun würden,
als gäb´s gar keine Männer, warum sollte diese
Absurdität vor ihrer Vorstellung vom Himmel halt machen?
Ich denke, es ist einfach angesagt, dass Ihr den Menschen klar
macht, dass nach Jahrtausenden, wo die Männer so taten, als
wären Frauen ein Nebenprodukt der Schöpfung, nur weil
sie Frauen ganz leicht verprügeln konnten - jetzt, da mehr
und mehr Menschen ihren Verstand gebrauchen, statt sich wie früher
immer nur gegenseitig die Schädel einzuhauen, da müssten
sie´s doch langsam begreifen."
"Ha!" sprach Er und die Wolken bebten rings um sie, "Wenn
es nur so wäre, aber die wollen ja kein Gleichgewicht sondern
eine Göttin statt einem Gott, das ist Revolution!"
"Wie gesagt Herr, das sind wohl nur die Gestrigen von morgen,
macht Euch darum keine Sorgen - sondern denkt lieber daran, Sie,
die Große Göttin, Die mal Eure Gemahlin
war und in Wirklichkeit immer bleiben wird, wieder zu versöhnen.
Und die Menschen können dann wieder, wie ehedem, Euer beider
Heilige Hochzeit, aus der diese Welt ihren Ursprung hat, Jahr für
Jahr symbolisch feiern, so wie sie es schon immer taten, vor Eurer
Trennung."
"Ich denke, du hast wieder mal recht, Petrus, wie so oft -
und außerdem:
Wer bitte würde glauben, dass Ich die ganze Zeit gern allein
gewesen Bin? Das wäre doch wohl absurd!"
Nach einer Weile, abwartend, ob Der Chef noch was sagen wollte,
stapfte Petrus von dannen, sorgsam sein spitzbübisches Grinsen
verbergend, gröhlte er in seinen Umhang hinein: "Na
das kann ja noch lustig werden - aber es scheint wirklich eine
neue Zeit anzubrechen! Ich hab diesen Zölibat-Quatsch eh schon
so lange satt - und das alles nur, weil Er damals meinte, wir müssten
das aus Solidarität zu Ihm halt auch so halten... pfff."
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