Der Grundgedanke zu diesem Fest ist natürlich der Beginn der
warmen Jahreszeit und somit die Zeit des Säens und Pflanzens.
Das Frühjahrsfest war schon immer ein Fest der Fruchtbarkeit.
Diese Fruchtbarkeit wurde in der Vergangenheit durch die Errichtung
eines Maibaumes gefeiert. Bis zum heutigen Tage haben sich Bräuche
dieser Art erhalten, allerdings nicht immer, oder sogar kaum mehr,
in dieser urprünglichen Bedeutung. In Bayern ist der 1. Mai
das, was wir in Bayern eine "Gaudi" nennen, mit viel Bier,
Trachten und Tänzen.
Wir wollten nun in Neuseeland nicht dieses Brauchtumsfest einfach
so wie in Bayern übernehmen, sondern wir suchten nach dem ursprünglichen
keltischen Gehalt und somit hat sich ganz von selbst und mit Hilfe
der spirituellen Helfer und unserer Vorfahren folgendes Fest herausgeschält:
Nachdem die meisten unserer Freunde, mit denen wir unsere Fest
feiern, nur am Wochenende Zeit haben, legen wir das Fest auf den
Sonntag, der dem Beltane-Tag am nächsten liegt. Drei Tage vorher
ist der Tag der Vorbereitung. Hierzu laden wir nur einige unserer
Freunde ein, meistens sind es 5-6 Personen. Wir treffen uns am Nachmittag
und beginnen mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen.
Sobald wir gestärkt sind, schreiten wir nun zu Taten. Die Männer
werden den sorgfältig als Maibaum ausgewählten Baum fällen.
Es muß ein gesunder und gerade gewachsener Baum von der richtigen
Größe sein. Wir fällen ihn ganz urtümlich,
nur mit einer Axt. Jeder macht mit und macht ein paar Hiebe. Bevor
wir jedoch anfangen, umgehe ich mit der Axt dreimal den Baum (bei
uns entgegen dem Uhrzeigersinn, in Europa wäre es andersherum,
entsprechend dem Lauf der Sonne). Dann wird der Baum dreimal mit
der Axt berührt. Dieser Brauch war in Bayern noch vor hundert
Jahren bei den Holzfällern lebendig und ist wahrscheinlich
ein Rest von uraltem keltischen spirtuellem Verstehen. Wir sagen
dem Baum, dass wir ihn bitten, sich für uns als Maibaum zur
Verfügung zu stellen und sein Leben dafür zu opfern. Diese
Bitte wird dreimal gestellt und jeweils mit einer Berührung
mit der Axt begleitet. Dann fällen wir den Baum.
Da wir bei unseren Feiern meistens nicht mehr als 40 Leute sind,
darf der Baum nicht zu groß sein, sonst wird das Aufstellen
schwierig. Das Gewicht eines frischen Baumes ist gewaltig! Ca. 15
m Höhe hat sich bewährt. Je nachdem, wo der Baum gefällt
wurde, tragen oder fahren wir ihn nun zu unserem Festplatz. Dort
wird er entrindet und muss dann zwei weitere Tage abtrocknen, damit
ich ihn anmalen kann. Das weitere Herrichten des Baumes besorge
ich dann alleine, denn nochmals eine Aktion wäre ein wenig
zu viel. Das Anstreichen des Baumes nimmt etwa 2 Stunden in Anspruch,
sodass ich das alleine besorgen kann.
Während die Männer den Baum gefällt haben, haben
die Frauen den Kranz gebunden, der dann oben in den Baum gehängt
wird. Außerdem färben sie Eier, das Symbol der Fruchtbarkeit.
Jeder Gast bekommt als kleine Gabe von uns ein bemaltes Ei am Beltanetag.
Eine weitere Arbeit ist die Vorbereitung der Bänder, die wir
jedes Jahr neu kaufen. Wir haben sechs Farben: Rot für die
weibliche Energie, Schwarz für die männliche Energie,
Weiss für die Luft, Grün für die Mutter Erde, Gelb
für die Sonne und Blau für das Wasser. Eine weitere Arbeit
ist das Abfüllen von Samenpäckchen, denn jeder Gast soll
ein Päckchen zum Aussäen bekommen. Wir müssen also
mindestens 40 Samenpäckchen herrichten und meistens machen
wir noch ein paar mehr, falls unerwartet mehr Gäste kommen.
Einmal hatten wir 60 Personen, das war schon ein wenig zu viel!
Man sieht, die Vorbereitungen für dieses Fest sind ziemlich
umfangreich. Aber diese Vorbereitungen sind schon ein Teil des Festes
und machen viel Freude. Wenn der Baum fertig auf unserer Wiese liegt,
übermittelt er schon ein starkes Gefühl, das schlecht
zu beschreiben ist. Wir leben in einem Hochgefühl der Erwartung
und Freude.
Der Sonntag kommt, Beltane. Die Freunde kommen um 10 Uhr. Wir beginnen
unsere Feier mit der Einladung der Spirits und der Vorfahren, heissen
unsere Gäste willkommen und ich sage meistens ein paar Worte
zur Einstimmung, erkläre den Ablauf unseres Festes für
diejenigen, die noch nicht dabei waren.
Dann wird der Maibaum aufgestellt und dieser Akt ist unbeschreiblich.
Der Baum ist für uns die Verbindung zwischen der Sonnenenergie
und der Erde. Ich habe ihn vor zwei Tagen mit einer blauen
und weissen Spirale angestrichen, das Symbol des Regens (blau)
und des Lichtes (weiss). Diese beiden Elemente sollen die
Fruchtbarkeit in die Mutter Erde bringen. Der Baum ist natürlich
auch ein Symbol des Phallus, er soll die Mutter Erde fruchtbar
machen. Der Kranz oben im Baum ist das Symbol der weiblichen
Scheide. Die beiden Spiralen sind für uns auch zwei Schlangen,
eine aufsteigende und eine absteigende. Die Schlange war bei
den Kelten die Verbindung zur spirituellen Welt (die Kelten
nannten es die "Anderswelt"). Gleichzeitig ist die
Schlange natürlich auch das Symbol für Sexualität,
also ebenfalls wieder Fruchtbarkeit.
Wenn der Baum aufgestellt ist, klatschen immer alle spontan
in die Hände, freuen sich und tanzen um den Baum herum.
Dies ist alles ganz natürlich und wird nicht irgendwie
gesteuert. Die Bänder wehen lustig vom Baum herunter
und eine allgemeine Freude und Hochstimmung stellt sich ein.
Dann wird eine Tanzweise gespielt und wir machen den Bändertanz
um den Baum herum. Dabei werden die Bänder nach einem
bestimmten Muster verflochten. Dieses Verflechten hat natürlich
auch weider symbolhaften Charakter. Die Natur (in den vier
Farben der Elemente) und das Männliche und Weibliche
(schwarz und rot) verflechten sich, wir sind alle verbunden
und verwoben, so wie auch unsere keltischen Vorfahren dies
empfunden haben.
Nun kommt das Säen. Ich habe ein Stück auf unserem
Land für diesen Zweck vorbereitet, gepflügt und
als Saatbeet geglättet. Wir segnen die Samen, bitten
die Mutter Erde, sie aufzunehmen und sie wachsen zu lassen,
bitten Vater Sonne für die Wärme und das Licht,
dass alles gut wachsen und gedeihen kann. Jeder darf nun eine
kleine Reihe der vorbereiteten Samen aussäen. Das macht
vielen unserer Gäste große Freude und besonders
die Kinder sind sehr aufgeregt dabei. Im Herbst, beim Fest
von Samhain, kommen sie dann immer neugierig nachsehen, was
aus ihren Samen geworden ist.
Wenn alles gesät ist, setzen wir uns um den Maibaum,
singen ein paar Lieder und jeder kann nun irgend etwas beitragen.
Manche hören nur zu, aber viele singen ein Lied, sagen
ein Gedicht auf oder halten eine kleine Rede. Jedes Jahr ist
es ein wenig anders, denn der Ablauf hängt sehr viel
davon ab, wer kommt und somit ist die Energie immer wieder
von den Gästen abhängig. Dies finde ich besonders
schön, denn dadurch entsteht eine Spontaneität,
die der Feier eine ganz besondere Note gibt.
Und zum Abschluß natürlich gibt es dann ein festliches
Mahl und die gemütliche Runde bleibt meistens noch bis
zum Abend beisammen. Es wird erzählt, gesungen, manchmal
auch getanzt, je nachdem wer da ist und wie sichs eben so
ergibt. Beltane ist beides: Ein besinnliches Fest und ein
lustiges Fest, wie sich das für ein Frühlingsfest
gehört. Schade, dass ihr nicht dabei sein könnt.
Liebe Grüße
Werner
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Der Baum wird aufgestellt. Beachte den letzten Mann, er macht
die magische Bewegung, ohne die geht's nämlich nicht!

Bereit zum Bändertanz

Bändertanz

Der Bändertanz ist beendet, die Bänder werden nun
verknüpt. Links neben mir meine Frau (Meerjungfrau)
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